Wildpflanzen sind wahre Überlebenskünstler. Die Stoffe, die sie dafür nutzen, können auch wir uns zunutze machen. Am einfachsten, in dem wir sie essen.
Mein persönlicher Liebling der Gesundheitsvorsorge? Gutes Essen. Und zwar gut in dreierlei Hinsicht: im Geschmack, für die Gesundheit und für die Umwelt, also regional, saisonal und möglichst vegetarisch. Essbare Wildpflanzen sind da perfekt, denn richtig zubereitet, schmecken sie unglaublich gut. Sie wachsen oft direkt vor der Haustür, jede Pflanze zu ihrer Zeit. Sie stecken voller Energie und enthalten im Vergleich zu konventionellem Gemüse ein Vielfaches an Eiweiß, Vitaminen und Mineralien. Hinzu kommen reichlich Omega-3-Fettsäuren, antioxidative Komponenten und das blutreinigende Chlorophyll. Damit nicht genug, steuern sie als echte Immun-Booster zu unserer Ernährung auch noch bei, was nur Pflanzen in ihren Zellen mitbringen: die sogenannten sekundären Inhaltsstoffe. Anders als die primären Inhaltsstoffe, Eiweiße, Kohlehydrate und Fette, die Leben überhaupt erst möglich machen, helfen sekundäre Inhaltsstoffe den Pflanzen zu Über-Leben. Und das mit ziemlich viel Erfolg.
Wildkraut vergeht nicht
Löwenzahn und Co. überwuchern Schuttberge oder bahnen sich ihren Weg durch Beton. Schnecken fressen zwar den mühsam angepflanzten Salat, ignorieren aber den Giersch komplett. Woher nehmen Wildpflanzen diese Stärke? Ganz einfach: Sie werden nicht von Menschen kultiviert, vereinzelt oder gestützt. Im Gegenteil: Sie kämpfen oft um Licht, Luft und Platz. Das macht sie stark. Und sie müssen sich selbst vor Krankheiten, Hitze, Kälte oder Fraßfeinden schützen. Dafür hat die Natur sie mit Hilfsmitteln ausgestattet: Bitterstoffe, Gerbstoffe, ätherische Öle, Flavonoide, Saponine, Schleimstoffe, Senfölglykoside und einige mehr sind die Stoffe, mit deren Hilfe Pflanzen diese Aufgabe meistern.
Und jetzt: Alle miteinander
Warum eine Pflanze eine bestimmte Wirkung zeigt, lässt sich interessanterweise nie isoliert auf einen oder zwei ihrer Inhaltsstoffe zurückführen. Am Ende ist es immer das vernetzte Zusammenspiel. Und dennoch: In Sachen „körperliche Aktivierung“ stehen die Bitterstoffe ganz vorne. Ihre Wirkung beginnt, wenn unsere Geschmacksnerven „bitter“ registrieren. Sofort startet die Speichelproduktion, alle Drüsen und Verdauungsorgane fangen an zu arbeiten. Das aktiviert nicht nur den Körper, es wirkt sich auch positiv auf die Stimmung aus. Gleichzeitig steigt die Aufnahme von Vitaminen und Mineralien.
Anregend und durchblutungsfördernd sind auch einige der ätherischen Öle. Andere wirken eher kühlend oder entzündungshemmend. Als potente Keimkiller entfalten sie ihre Kraft über ihren Duft, die Haut oder den direkten Genuss.
Apropos Keime: Gegen Krankheiten sowei Fraßfeinde schützt sich die Pflanze unter anderem mit Senfölglykosiden – in Kresse- und Kohlarten – oder dem Allicin der Lauchgewächse. Alles eher scharfe Stoffe, die antibakteriell, desinfizierend und antimykotisch wirken. Und während Bakterien und Pilze lieber verduften, stimulieren sie unser Immunsystem.
Und so geht es weiter: Gerbstoffe sind zusammenziehend und entzündungshemmend, Flavonoide fangen freie Radikale, Schleimstoffe schützen die (Schleim-)Haut, Saponine verbessern die Wirkstoffaufnahme. Etcetera. Etcetera. Dabei ist es am Ende immer die Mischung, die zur Wirkung führt. Und da jede essbare Wildpflanze eine andere Kombination aus Vitaminen, Mineralien und sonstigen Inhaltsstoffen mitbringt, schaffen Vielfalt und Abwechslung auf unseren Tellern ein echtes Plus. In Sachen Gesundheit und Genuss.
PS: Das grüne Zeug auf dem Foto ist das Bittere Schaumkraut, ein kleiner Immunbooster. Hier kombiniert mit Radicchio, Blutorange, Walnüssen und einem Dressing aus Walnussöl und Himbeeressig.